Projekt SemanticTouch legt Entwicklungshindernisse offen

Eingabe mit Stift bald nicht mehr zeitgemäß (Foto: pixelio/Torsten Lohse)
Eingabe mit Stift bald nicht mehr zeitgemäß (Foto: pixelio/Torsten Lohse)

Die Multitouch-Technologie wird in Zukunft eine dominierende Eingabemethode sein. Derzeit gibt es jedoch noch einige Entwicklungshemmnisse, die gelöst werden müssen. Laut dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) entscheidet die zugrundeliegende Tastschirmtechnologie über Leistung und Funktionalität von Multitouch-Systemen. Vor dem Hintergrund des Siegeszugs von Apples iPhone deckt das Stuttgarter Forschungsinstitut im Rahmen des Projekts „SemanticTouch“ Stolperfallen für Multitouch-Entwickler auf. Die Untersuchung soll ab November 2009 unter http://www.hci.iao.fraunhofer.de zur Verfügung stehen.

Den Begriff ‚Multitouch‘ verwenden die Fraunhofer-Wissenschafter für berührungssensitive Eingabegeräte, die bei einer Mensch-Computer-Interaktion mehrere Berührungspunkte gleichzeitig erfassen und verarbeiten können. „Optische Systeme mit Kamera sind bei großen Displays von Vorteil, auf kleineren mobilen Geräten wie dem iPhone bieten sich eher kapazitive Systeme an“, sagt Jasmin Link vom Team Web Application Engineering am Fraunhofer IAO.  Es sei aber zu vermuten, dass sich kapazitive Verfahren mit der Zeit weiterentwickeln, auch größere Flächen bedienen und so größere Marktanteile erschließen, so die Expertin.

Eine mangelnde Anpassung der Betriebssoftware wird mitunter als Hemmnis für eine breitere Etablierung auf den Märkten angesehen. „Es gab zwar schon Linux-Versionen, die versucht haben, sich dem Thema multiple Eingaben durch mehrere Benutzer anzunähern. Mit Windows 7 kommt aber erst jetzt ein vollwertiges Betriebssystem auf den Markt, das Multitouch unterstützt“, meint Link. Wenn jedoch maßgebliche Player im Softwarebereich wie Microsoft das Potenzial von Multitouch erkennen, trägt das mit hoher Wahrscheinlichkeit zur weiteren Verbreitung der Technologie bei.

„Im Hinblick auf die Betriebssysteme ist die zugrundeliegende Hardwaretechnologie gar nicht mehr so entscheidend. Auch ist kein eindeutiger Trend in Richtung eines bestimmten Verfahrens auszumachen“, sagt Clemens Lutsch, User Experience Evangelist von Microsoft. Vielmehr stünde die Konzeption der User Interfaces im Vordergrund. Verglichen mit Spracheingaben haben Multitouch-Eingaben jedenfalls den Vorteil, von der Geräuschkulisse unabhängig zu sein. Auch haben viele Menschen Hemmungen, mit Maschinen zu sprechen.

Es gibt Patente auf Gesten, durch die andere Hersteller gezwungen werden, auf andere als die als ’natürlich‘ empfundenen Gesten auszuweichen, heißt es beim Fraunhofer IAO. Dies könnte zum Nachteil der Benutzerfreundlichkeit gereichen. Zudem erfordert die Interaktion von mehreren Benutzern zur selben Zeit ein sehr durchdachtes Entwicklungskonzept für eine Anwendung, damit Benutzer sich nicht gegenseitig stören. „Es eröffnen sich aber auch für kollaborative Zwecke neue Möglichkeiten, da sich die Anwender Eingabehilfen wie Maus und Tastatur nicht mehr teilen müssen“, führt Link aus.

Doch auch der Faktor Barrierefreiheit könnte eine tragende Rolle spielen. Zum Beispiel sind Menschen mit Armprothesen nicht in der Lage, Systeme, die spezielle Eingabestifte voraussetzen, in Anspruch zu nehmen. Die Multitouch-Technologie wird daher laut Fraunhofer IAO zuerst Einzug in den Unterhaltungsbereich halten und für Prestigeanwendungen in Frage kommen. „Mittelfristig werden User für bestimmte Zwecke, wie etwa der Abfassung eines langen E-Mails, jedoch trotz neuer Bedienoberflächen auf Maus und Tastatur setzen“, stellt Markus Schaffrin, Fachbereichsleiter E-Business vom Verband der Deutschen Internetwirtschaft Eco , im Gespräch klar. Im Bereich mobiler Internetgeräte führe für Hersteller in Zukunft aber kein Weg an Multitouchtastschirmen vorbei.

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