Der Mobilfunkmarkt hat sich in den vergangenen Jahren rasant verändert. Die Neuordnung der Verhältnisse vollzog sich offenbar sogar für die Netzbetreiber zu schnell. Sie widmeten sich vielmehr dem gegenseitigen Wettbewerb und einer beispiellosen Preisschlacht, statt sich den neuen Strukturen anzupassen.

Bild: altes öffentliches Telefon
Netzbetreiber auf der Suche nach neuen Umsatzquellen (Foto: aboutpixel.de, Sebastian Engel)

Der Forschungsgruppe wi-mobile an der Universität Augsburg zufolge schrumpft der Telekommunikationsmarkt seit 2005 trotz steigender Teilnehmerzahlen und Volumina kontinuierlich. Die Handynetzbetreiber „entwickeln sich aber nicht wirklich weiter“.

„Die Mobilfunkanbieter haben ihren Konsumenten ziemlich viel versprochen. Ob sie ihre Versprechen aber auch halten können, ist fraglich“, meint wi-mobile-Leiter Key Pousttchi. Von Seiten der Unternehmen komme „nichts wirklich Innovatives“. Dabei müssten sie sich gänzlich neu erfinden, um sich aus ihrer Falle zu befreien. So sinken die Tarife schneller als die Volumina steigen, woraus insgesamt sinkende Umsätze resultieren.

Markt stößt an seine Grenzen

Der Zuwachs an Sprach-, Daten- und SMS-Verkehr kann die Umsatzverluste der Konzerne nicht mehr wett machen. Zu sehr haben sich die Anbieter auf Verdrängungswettbewerb und Preiskampf konzentriert, wie die Managementberatung A.T. Kea

rney aufzeigt. Die auf europäischer Ebene stärkere Regulierung habe die Situation zusätzlich verschärft. Die Senkung der Roaminggebühren kam den Verbrauchern zugute, legte im Mobilfunk jedoch „eine margenträchtige Einnahmequelle trocken“. Gleichzeitig ist der bisher im Vordergrund stehende Teil des Telekommunikationsmarktes zum Bersten voll.

Der Mobilfunkmarkt weist in Deutschland

eine Penetrationsrate von mehr als 120 Prozent auf. Ohne Zweithandys besitzen real rund 80 Prozent der Deutschen ein Mobiltelefon. Auf die veränderten Rahmenbedingungen reagieren die Netzbetreiber europaweit unterschiedlich – von der „klassischen“ Kostensenkung bis zur Konsolidierung wie etwa in Großbritannien oder der Schweiz. D

ie Konsumenten könnten ihr Telefonierverhalten jedoch kaum noch steigern. Vielmehr bestehe eine stärkere Nachfrage nach höheren Bandbreiten und innovativen Diensten als bisher.

Umsätze nur mehr kostendeckend

Die Anbieter versuchen zwar, neue Umsatzquellen zu erschließen. Sinkende Preise bei Datenübertragung und Flatrates machen diese Quellen jedoch schnell wieder zunichte. Der Preiskampf mache das steigende Datentransfervolumen

zu einem Nullsummenspiel. A.T. Kearney zufolge werde der Verdrängungswettbewerb anhalten. Die Umsätze pro Gesprächsminute würden derart schnell sinken, „dass sie etwa im Mobilfunk bis 2013 nur mehr die Kosten decken können“. Da jedoch Kostensenkungsmaßnahmen immer schwieriger würden, sei nun eine „strukturelle Veränderung der Geschäftsmodelle“ erforderlich.

Von B2C zu B2B

Eine Möglichkeit zur Neuaufstellung orten die Experten bei A.T. Kearney im Bereich Konvergenz, also der Zusammenführung etablierter Mobilfunkangebote mit neuen

Diensten und zusätzlichen Services wie etwa Festnetz, TV bzw. Breitband-Anwendungen oder Online-Services wie Video-on-Demand. In Kombination mit Hardware-Angeboten seien derartige Produktbündel noch erfolgreicher.

In eine ähnliche Kerbe schlägt wi-mobile mit dem Vorschlag, sich stärker als B2B-Dienstleister zu positionieren und als „Enabler für den mobilen Kanal“ aufzutreten. „Man muss den mobilen Kanal beherrschen und Konzernen aus anderen Branchen und Segmenten etwa anbieten, ihre Kundenbeziehungen auf dem mobilen Kanal zu managen“, erklärt Pousttchi. So könnten neue Kundengruppen erschlossen werden und „ganz andere Erlöse“ erzielt werden als im B2C-Geschäft, das an seine Wachstumsgrenzen stößt. Bisher seien Versuche in diese Richtung jedoch zu zaghaft gewesen.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein