Ein neues Regelwerk könnte das Aussehen von iPhones & Co, die bis 2027 verkauft werden, stark verändern. Denn künftig sollen die Akkus einfach zu wechseln sein. Der europäische Rat hat am 10. Juli 2023 eine umfassende neue Batterieverordnung verabschiedet. Technisch gesehen handelt es sich um eine Reihe von Änderungen und Aufhebungen früherer Batterierichtlinien. Diese zielen darauf ab, eine umweltfreundlichere Energiespeicherinfrastruktur für die EU zu schaffen.
 
Sobald das europäische Parlament und der europäische Rat die Verordnung unterzeichnet haben, wird diese einen bedeutenden Wandel in der Batterieindustrie einleiten. Obwohl sie technisch gesehen nur für die EU-Mitgliedstaaten gilt, ist sie für einen großen Teil der Weltwirtschaft relevant und wird globale Auswirkungen haben.
 
Vor allem wird die Verordnung vorschreiben, dass tragbare Geräte – einschließlich Mobiltelefone, Tablets oder Notebooks – über Batterien verfügen müssen, die von den Nutzern ohne Spezialwerkzeug oder Schulung leicht ausgetauscht werden können. Dies würde bedeuten, dass sich das Design von Smartphones, einschließlich des Apple iPhone, iPad, aber auch von Notebooks, massiv ändern müsste.

Ein Auszug aus dem großen Regelwerk

Das gesamte Regelwerk (PDF-Link) umfasst mehrere hundert Seiten und betrifft vor allem die Materialien, die Herstellung und die Behandlung von Batterien am Ende ihrer Lebensdauer. Im Mittelpunkt der neuen Vorschriften steht die Schaffung einer kreislauforientierten Batteriewirtschaft mit festen Zielen für die Rückgewinnung von Altbatterien (63 Prozent bis Ende 2027 und 73 Prozent bis Ende 2030 für Gerätebatterien) und für die Rückgewinnung von Lithium (50 Prozent bis Ende 2027 und 80 Prozent bis Ende 2031).
 
Zudem gibt es Recyclingziele, einschließlich verbindlicher Mindestwerte für den Recyclinganteil von Industrie-, SLI- (Standard, Light, and Ignition) und EV-Batterien. Die Dokumentation der Materialbeschaffung für Batterien wird ein wichtiger Bestandteil des Prozesses sein.
 
Da Apple sich seit langem für die Verwendung umweltfreundlicherer Materialien in seinen Produkten und Verpackungen einsetzt, gehen wir davon aus, dass das US-Unternehmen diese spezielle Initiative begrüßen wird. Wahrscheinlich wird Apple sie sogar vorzeitig erfüllen. Es gibt jedoch einen Teil der neuen Vorschriften, gegen den Apple und ein Großteil der übrigen Smartphone- und Tablet-Industrie wahrscheinlich kämpfen werden: Artikel 11

Verzicht auf festverbaute Batterien

Der Artikel 11 betrifft die “Entnehmbarkeit und Austauschbarkeit von Gerätebatterien und LMT-Batterien”. LMT-Batterien sind “leichte und mittelschwere Transportbatterien”, die weniger als 25 kg wiegen und speziell für kleinere Fahrzeuge wie Motorroller oder elektrische Skateboards usw. hergestellt werden – also nicht so relevant.
 
Aber die Verordnung definiert “Gerätebatterien” als “eine Batterie, die verschlossen ist, 5 kg oder weniger wiegt, nicht speziell für den industriellen Gebrauch entwickelt wurde und weder eine Batterie für Elektrofahrzeuge noch eine LMT- oder SLI-Batterie ist”. Mit anderen Worten: fast alles, was Apple und andere Smartphone-Hersteller produzieren. Denn damit sind Smartphones, Tablets, Notebooks oder Smartwatches beschrieben.
 
Auf den ersten Blick bedeutet dies, dass die Hersteller bis 2027 Smartphones, Tablets und Notebooks so gestalten müssen, dass man den Akku kaufen und selbst austauschen kann. Also ganz ohne seltsame Schraubenzieher, Heißluftpistolen oder ähnliches. Eine weitere Vorschrift besagt, dass die Unternehmen Dokumentationen und Sicherheitsinformationen zur Verfügung stellen müssen, die den Nutzern zeigen, wie der Austausch funktioniert.

„Natürliche oder juristische Personen, die Produkte, in die Gerätebatterien eingebaut sind, in Verkehr bringen, sorgen dafür, dass diese Batterien vom Endnutzer jederzeit während der Lebensdauer des Produkts leicht entfernt und ausgetauscht werden können. Diese Verpflichtung gilt nicht für einzelne Zellen oder sonstige Teile einer Batterie, sondern nur für die ganze Batterie.
 
Als vom Endnutzer leicht zu entfernen gilt eine Gerätebatterie, wenn sie mit handels- üblichen Werkzeugen aus einem Produkt entnommen werden kann, das heißt ohne Verwendung von Spezialwerkzeugen, es sei denn, sie werden kostenlos mit dem Produkt bereitgestellt, herstellerspezifischen Werkzeugen, Wärmeenergie oder Lösungsmitteln für die Demontage des Produkts.

https://data.consilium.europa.eu/doc/document/PE-2-2023-INIT/de/pdf

Es gibt einige Ausnahmen für bestimmte Klassen medizinischer Geräte, die jedoch nicht für die Produkte von Apple gelten. Es ist unklar, ob Apples Selbstreparaturprogramm den EU-Vorschriften entspricht, aber es ist zweifelhaft, da Spezialwerkzeuge und Wärmeenergie erforderlich sind und Apple sagt, dass die Leute “Erfahrung mit der Komplexität der Reparatur elektronischer Geräte haben sollten”. Das klingt nicht nach dem, was die EU vorschlägt.
 
Es gibt einige Ausnahmen für bestimmte Klassen von medizinischen Geräten, diese gelten jedoch nicht für Smartphones & Co. Es ist unklar, ob Apples Selbstreparaturprogramm den EU-Vorschriften entspricht, aber es ist zweifelhaft, da Spezialwerkzeuge und thermische Energie benötigt werden und Apple sagt, dass die Leute “Erfahrung mit der Komplexität der Reparatur elektronischer Geräte haben sollten”. Das klingt nicht nach dem, was die EU verlangt.
 
Apple und zahlreiche bekannte Smartphone- und Tablet-Hersteller werden wahrscheinlich gegen die Verordnung klagen. Es wäre nicht überraschend, wenn der Termin 2027 wegen der Rechtsstreitigkeiten verschoben würde.
 
Möglicherweise wird die Industrie auf einen Kompromiss drängen, der es den Nutzern ermöglicht, ihre Akkus ohne zusätzliche Kosten vom Hersteller austauschen zu lassen, mit dem Argument, dass dies dem Ziel der Förderung des Akku-Recyclings und der Verlängerung der Lebensdauer elektronischer Geräte dient.
 
Doch wenn dies nicht der Fall ist, wird sich die Art und Weise, wie Smartphones und Tablets entwickelt werden, grundlegend ändern. Es gab eine Zeit, in der beliebte Android-Telefone über austauschbare Akkus verfügten. Doch selbst Unternehmen wie Samsung, die diese Funktion einst als Vorteil anpriesen, haben sie inzwischen aufgegeben.
 
Das Argument, ein Smartphone, das sich leicht öffnen lässt, zu bauen, bedeutet, dass Dichtungen und Verbindungen verwendet werden müssen. Wodurch die Geräte angeblich dicker und weniger haltbarer werden und es schwieriger sei, die Geräte wasser- und staubdicht zu machen. Doch Projekte wie das FairPhone oder das wasserdichte Volla Phone X23 aus Deutschland zeigen, dass es auch anders gehen kann, wenn man es will.
 
Man könnte jetzt sagen, der Markt hat entschiede und die Verbraucher haben sich bei ihren Kaufentscheidungen keinen Wert auf herausnehmbare Batterien gelegt. Doch das wäre zu kurz gegriffen. Wir werden sehen, was die nahe Zukunft hier bringt. Wir werden natürlich an dieser Stelle darüber berichten!

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